Von Claudia:

Ökoweihnacht (Komödie)

Bild: Eine Lifestyle-Linken Küche.


Zweiter Adventssonntag. Es dämmert schon. Auf dem selbstgebastelten Adventsgesteck brennen zwei Led-Kerzen.
Jonas und Anna sitzen am Kaffeetisch und essen Annas selbstgebackenen Vollkornstollen.


Anna: „Leider habe ich jetzt kein doppelgriffiges Mehl bekommen, den Quark schmeckt man auch gar nicht mehr heraus, aber ich finde, man kann ihn essen.“
Jonas: „Er schmeckt ausgezeichnet.“
Anna (strahlt): „Da freue ich mich aber sehr. Der geht auch viel schneller als die Plätzchen, ich kann ja vor Weihnachten noch einen backen.
Übrigens, ich habe gerade gelesen, dass „Kompakt“ jetzt vegane T-Shirts aus Biobaumwolle mit dem Fairway-Siegel herstellt…mit klimaneutralem Versand…“
Jonas: „Was ist „Kompakt“?
Anna: „Du weißt schon, das sind die mit den Petitionen, denen wir auch schon so viel gespendet haben…“
Jonas: „Ach ja, richtig. Aber wir haben doch schon genug vegane Kleidung. Außerdem ist das doch völliger Unsinn mit dem klimaneutralen Versand, jeder Warenversand schadet doch dem Klima.“
Anna: „Du hast recht. Ich dachte doch nur, vielleicht als Weihnachtsgeschenke, denn da stehen ja auch diese klimafreundlichen Slogans drauf.“
Jonas: „Da würdest du doch Eulen nach Athen tragen, wer von unseren Freunden lebt denn nicht klimafreundlich?“
Anna: „Ja, das stimmt. Zum Beispiel die Olsons, die fahren doch neben ihrem Elektrotesla noch einen SUV hybrid, oder die Winters, die machen doch ihre Weltreisen nur noch mit Linienflügen, essen streng vegan und fabrizieren ihre Kosmetika selber gegen den ganzen Verpackungswahnsinn…“
Anna: „Ich habe Erika schon geschrieben, dass wir dieses Jahr keine Weihnachtsgeschenke machen wollen, um ein Zeichen gegen den Konsumterror zu setzen.
Hoffentlich kommen dann meine selbstgebastelten Weihnachtskarten rechtzeitig an, damit unsere Freunde uns auch keine Geschenke mehr machen.“
Jonas: „Das finde ich jetzt aber schon etwas übergriffig, unseren Freunden das Geschenkmachen auch noch zu verbieten.“
Anna: „Es geht doch um das Klima und die Nachhaltigkeit.
Ich wollte auf alle Karten den Slogan schreiben: „Kampf dem Konsumterror! Keine Weihnachtsgeschenke mehr“ mit einem Spendenvermerk für Adveniat und Brot für die Welt.“
Jonas: „Eulen nach Athen tragen…“
Anna: „Dann wechseln wir lieber das Thema. Wie fändest du es eigentlich, wenn wir uns zu Weihnachten mal wieder ein Stück Rinderfilet gönnen würden?“
Jonas: „Bist du denn jetzt völlig übergeschnappt?“
Anna: „Es bräuchte ja keiner zu wissen. Es gibt ja auch Flexitarier, das sind Vegetarier, die ab und zu mal ein Stück Fleisch essen.“
Jonas (schreit laut): „Wir sind aber keine Vegetarier mehr und schon gar keine Flexitarier!!!! WIR SIND VEGANER! Fleisch ist nicht nachhaltig!!!Hast du das vergessen?“
Anna: „Vergiss es, war ja nur so eine Idee.
Übrigens meinte Erika, dass man Ungeimpfte nicht mehr in Krankenhäusern behandeln sollte.“
Jonas: „Aber du trägst doch seit langem nur noch die 100 prozentigen Baum wollpullover, die sie extra für dich gestrickt hat…Warum willst du jetzt plötzlich Erika schlechtmachen? Sie ist doch die konsequenteste Veganerin, die man sich denken kann.“
Anna: „Ich wollte sie doch gar nicht schlechtmachen, sondern nur dich fragen, wie darüber denkst.“
Jonas: „Natürlich muss man auch Ungeimpfte behandeln, genau so, wie man keine Flüchtlinge misshandeln oder im Mittelmeer ertrinken lassen darf.“
Anna: „Aber es kam doch gerade in den Nachrichten, dass man am Heiligen Abend Nachbarsfamilien mit zu vielen oder auch ungeimpften Familienmitgliedern der Polizei melden soll, damit sie die kontrollieren kann. Also, wenn man es so betrachtet, dann hat Erika ja eigentlich doch recht. Wenn man etwas weiter denkt, dann sind Ungeimpfte ja hauptsächlich AFD-Wähler, also Rechtsradikale und Querdenker…“
Jonas: „Sag mal Anna, dieser Vorschlag mit dem Fleisch vorhin, der war doch nicht ernst gemeint…denn das wäre ja ein Scheidungsgrund.“


Anna (weint): „Da du das jetzt ansprichst, ich habe noch viel schlimmere Sachen gemacht.“

Jonas: “Was denn? Jetzt sag schon. Hast du etwas wieder Unsummen für irgend so einen Blödsinn gespendet?“

Anna (lacht): „Nein, viel schlimmer. Bevor ich die Idee mit dem Kampf gegen den Konsumterror hatte, habe ich meinem Bruder ein Jahreslos für „Menschen mit Herz“ geschenkt, meiner Schwester und meinem Schwager eine nachhaltige Reise für die ganze Familie, den Olsons ein Jahresnetzticket für ganz Deutschland und den Winters hundert sortierte Glasflaschen zur Vermeidung von Plastikmüll… WEGEN DER NACHHALTIGKEIT.“


Jonas: „Gut, dass wir nicht verheiratet sind.“


Vorhang